Amoklauf in München

Ein guter Beitrag vom Amoklauf in München in der „Süddeutsche Zeitung“
Laut FAZ war Amokläufer von München Rechtsextremist

 

23. Juli 2016
Süddeutsche

Was über den Schützen bekannt ist

Amoklauf in München Mutmaßlicher Täter von München Amateuraufnahme des Amokläufers: Auf dem Dach eines Parkhauses am Olympia-Einkaufszentrum lief er umher und lieferte sich einen Wortwechsel mit einem Anwohner.

Der 18-jährige David S., der neun Menschen und dann sich selbst erschossen hat, war ein Schüler mit möglichen Depressionen – in sozialen Medien finden sich Spuren, dass die Tat länger geplant wurde und er mögliche Opfer wohl perfide anlocken wollte.

Die Polizei hat inzwischen weitreichende Erkenntnisse über den 18-jährigen Münchner Schüler David S. – für sie steht nun fest: Die Tat hatte keinen Bezug zu islamistischen Gruppen wie dem IS und auch nicht zur Flüchtlingskrise. Stattdessen gehen die Ermittler von einem klassischen Amoklauf aus, der von anderen Amokläufen stark beeinflusst war.

Auf einer Pressekonferenz am Samstagmittag war von Problemen des Deutsch-Iraners mit Mitschülern und einer möglichen depressiven Erkrankung die Rede, wegen der S. in Behandlung gewesen sei. Der Täter habe sich mit dem Thema Amokläufe beschäftigt. Polizeipräsident Hubertus Andrä ging soweit, auf Fragen nach dem Breivik-Attentat vor genau fünf Jahren zu antworten, es liege nahe, dass sich der Täter in seiner Obsession genau damit beschäftigt habe. Sicherheitsvertreter sagten der Nachrichtenagentur dpa, der 18-Jährige habe den Attentäter des Amoklaufs von Winnenden verherrlicht – 2009 hatte ein 17-Jähriger an seiner früheren Realschule in Winnenden bei Stuttgart und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst getötet.

Tat könnte über Tage hinweg geplant gewesen sein

David S. könnte seine Tat perfide über Tage hinweg mit einer Einladung an mögliche Opfer geplant haben. Der Polizei zufolge „spricht vieles dafür“, dass der 18-Jährige mit einem ihren Erkenntnissen zufolge gehackten Facebook-Profil junge Menschen in den McDonald’s am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) locken wollte. „Kommt heute um 16 Uhr Meggi am OEZ“, stand in einem Facebook-Post einer „Selina Akim“, der auf Stunden vor der Tat datiert war. „Ich spendiere euch was wenn ihr wollt aber nicht zu teuer.“ Das Profil auf Facebook wurde gesperrt, doch eine Reihe der Facebook-Posts, um die es geht, waren noch am Tatabend über verschiedene soziale Medien und offenbar Schüler an die Öffentlichkeit gelangt – es begann mit diesem Tweet:

Bild 1 und 2

Bild 3 und 4

Auf weiteren Screenshots war zu erkennen, dass der Name von S. schon am Freitagabend fiel, also Stunden bevor die Münchner Polizei in der Nacht die Wohnung der Familie in der Maxvorstadt durchsucht hat. So wurde unter dem weiblichen Namen „Selina Akim“ wiederholt die Einladung in das Fastfood-Restaurant gepostet; befreundet mit dem Account waren Dutzende Jugendliche – von denen allerdings einige schon vor der Gewalttat skeptisch reagierten und warnten. „Der Account ist fake, 100 % (…), der kerl ist psychisch gestört und will nur aufmerksamkeit“, schrieb ein Nutzer, der frühzeitig in einem Facebook-Kommentar den Nachnamen von S. als wahre Identität von „Selina Akim“ nannte und laut eigener Aussage auch die Polizei informierte. Allerdings nannte er als Vornamen Ali und nicht David. Ob es sich um einen gefälschten Fake-Account handelte, wie von ihm behauptet, oder um einen gehackten wie von der Polizei bekannt gegeben, ist weiterhin nicht geklärt.

Die Polizei hatte in den vergangenen Stunden in alle Richtungen ermittelt und die verschiedenen Motive geprüft. Die bisherigen weiteren Erkenntnisse im Überblick:

S. hatte einen deutschen und einen iranischen Pass. Nach Polizeiangaben war er ein Schüler, der in München geboren wurde und hier aufwuchs, die Familie soll seit den neunziger Jahren in Deutschland leben. Die Eltern waren den Ermittlern zufolge am Freitag kaum vernehmungsfähig.

In den frühen Morgenstunden durchsuchte ein Sonderkommando der Polizei die Wohnung, in der S. mutmaßlich mit seinen Eltern und seinem Bruder wohnte, sowie den Keller und die Garagen. Die Wohnung befindet sich in einem Mehrfamilienhaus in der Maxvorstadt, einem begehrten Münchner Innenstadtviertel. In der Nähe soll auch die Schule liegen, auf die er gegangen ist.

Nachbarn bezeichneten den mutmaßlichen Täter, der nebenbei Zeitungen austrug, als stillen und angenehmen Menschen. Die Familie gilt in ihrem Umfeld als bodenständig und war bei den Nachbarn beliebt. Den Behörden war der Jugendliche bisher nicht bekannt.

Die Tat wurde gefilmt; es kursieren Handyvideos von Zeugen. Auf einem Parkhaus am OEZ wurde ein Mann offenbar mit Schusswaffe aufgenommen, wie er nach ersten Protokollen schreit: „Ich bin Deutscher, ich bin hier geboren worden. Ich war in stationärer Behandlung.“ Und: „Wegen euch bin ich gemobbt worden sieben Jahre lang. Und jetzt musste ich mir eine Waffe kaufen, um euch alle abzuknallen.“ Andrä sagte am Samstagmorgen, es handle sich bei diesem Mann nach derzeitigem Erkenntnisstand um den Täter. Auch vor dem McDonald’s wurde mutmaßlich derselbe Mann gefilmt, wie er aus dem Restaurant kommt und zu schießen beginnt.

Bei der Schusswaffe des Täters handelt es sich nach ersten Ermittlungen um eine Pistole, eine Glock 17, eine halbautomatische Waffe, die auch das österreichische Bundesheer und die deutsche Marine einsetzt. Woher er sie hatte, ist unklar – eine waffenrechtliche Erlaubnis, sie zu besitzen, hatte er nicht. In seinem Rucksack hatte er der Polizei zufolge noch 300 Schuss Munition.

S. hat sich nach der Tat selbst erschossen, seine Leiche wurde gegen 20.30 Uhr einen Kilometer von dem Einkaufszentrum entfernt in einer Nebenstraße gefunden. Die Obduktion ergab, dass er sich mit einem Schuss in den Kopf selbst gerichtet hat. Schon kurz nach Beginn des Angriffs hatte eine Zivilstreife der Polizei den Täter bemerkt und auf ihn geschossen, aber nicht getroffen.

S. handelte nach den Erkenntnissen der Polizei alleine. Es sei nicht davon auszugehen, dass es weitere Täter gegeben habe, sagte Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä. Zunächst hatte es geheißen, es gebe zwei weitere Täter. Erst spät in der Nacht gab die Polizei vorsichtige Entwarnung: Bei dem Toten, der in der Nähe des OEZ gefunden worden sei, handle es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den einzigen Täter.

 

Wortwechsel zwischen Täter auf dem Parkdeck und einem Niederbayer von seinem Balkon

Bayer: Du Arschloch, du hundsgemeiner.

Täter: Wegen euch wurde ich gemobbt sieben Jahre lang, weil ich … (?) … musste.

Bayer: Sie Wichser da. Sie Arschloch einer.

Täter: Und jetzt muss ich ’ne Waffe tragen / kaufen … (um euch abzuknallen?).

Bayer: Eine Waffe? Weißt du was? Dir gehört der Schädel eingeschmissen. Du Arschloch einer. Ey!

Täter: (…) bin doch euer Gast, oder?

Bayer: Das musst du sagen, du Wichser einer.

Täter: Wegen Scheiß-Türken.

Bayer: Scheiß Kanacken einer. Ey der hat eine Schusswaffe! Holt jemand her, der hat seine Waffe geladen. Holt
die Bullen einer! Hier läuft er umeinander, der Wichser einer.

Täter: Ich bin Deutscher. Hört auf zu flennen.

Bayer: Du bist ein Wichser bist du.

Täter: Lasst mich zufrieden.

Bayer: Ein Wichser. Was machst für einen Scheiß?

Täter: (Mein Vater ?) ist hier geboren worden. … (?) ihn gehasst. In der Hartz IV Gegend. Bin dort zur Schule gegangen.

Bayer: Na und, was machst für’n Scheiß? Dir gehört der Schädel runtergeschlagen, du Arschloch da unten.

Täter: Wegen Leute wie Sie war ich ganz viel in Behandlung.

Bayer: Behandlung? Du gehörst in die Psychiatrie, du Arschloch.

Täter: Ich hab nichts getan. … Wort gehalten… Halten Sie die Schnauze, Mann.

Es fallen vier Schüsse. Der Bayer auf dem Balkon, der den Täter auf dem Pardeck filmt erschrickt. Eine Stimmer im Hintergund: „das ist ja der Hammer“.

 

 

27. Juli 2016
Frankfurter Allgemeine

Amokläufer von München war Rechtsextremist

Er war stolz darauf, wie Hitler am 20. April geboren zu sein: Der Münchner Amokläufer war zwar nicht in die rechtsextreme Szene eingebunden, trotzdem war er eindeutig rassistisch. Das hat die F.A.Z. erfahren. Der Deutsch-Iraner hasste Türken und Araber.

Der Täter von München, Ali David S., war ein Rassist mit rechtsextremistischem Weltbild. Er habe es als „Auszeichnung“ verstanden, dass sein Geburtstag, der 20. April 1998, auf den Geburtstag vonAdolf Hitler fiel. Das erfuhr die F.A.Z. aus Sicherheitskreisen. Entsprechende Aussagen über seine Begeisterung für Hitler stammen demnach aus dem engsten Umfeld von S. Auch sei S., der aus einer iranischen Familie stammt, stolz darauf gewesen, als Iraner und als Deutscher „Arier“ zu sein. Ursprünglich gilt Iran als die Heimat der Arier. Türken und Araber habe S. hingegen gehasst. Er habe ein „Höherwertigkeitsgefühl“ ihnen gegenüber gehegt.

Die Ermittler gehen daher auch der Hypothese nach, ob S. bei seiner Tat gezielt Menschen mit ausländischer Herkunft getötet hat. Alle seine neun Opfer hatten einen Migrationshintergrund, sechs waren Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, zwei waren junge Erwachsene im Alter von 19 und 20 Jahren. Drei Jugendliche waren türkischstämmig, zudem wurde eine 45 Jahre alte türkische Frau getötet. Drei andere Jugendliche – ein Junge und zwei Mädchen – waren Kosovo-Albaner.

Für die Annahme, dass S. aus rassistischen Motiven heraus tötete, spricht, dass er mehr Menschen hätte umbringen können – er führte 300 Schuss Munition bei sich. Bisher war seine Tat als Amoklauf beschrieben worden, der sich aus einer psychischen Erkrankung und der Erfahrung des Mobbings durch Gleichaltrige gespeist habe. In Strukturen der rechtsextremistischen Szene in München war S. nicht eingebunden.

Für die rassistische Gesinnung spricht auch der Wortwechsel, den S. sich nach seiner Tat mit einem Anwohner des Olympia-Einkaufszentrums lieferte, der ihn von seinem Balkon aus beschimpfte. S. rief dabei unter anderem „Scheißtürken!“. Außerdem legte er Wert darauf, dass er Deutscher und in Deutschland geboren sei. S. beging seine Tat bewusst am fünften Jahrestag des verheerenden Anschlags durch den norwegischen Rechtsextremisten Anders Behring Breivik.

Ihn betrachtete S. als Vorbild. Breivik hatte am 22. Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen umgebracht. Seine Opfer waren vor allem jugendliche Teilnehmer eines Zeltlagers. Breivik erschoss damals kaltblütig 69 Menschen, fast die Hälfte war jünger als 30 Jahre.

http://video.faz.net/v/video/afp/2016/7/MMV917580_TDE.1280x720_h.mp4

 

 

Quelle:
Twitter Skoldehoff
https://twitter.com/skoldehoff/status/756574992675069952/photo/1?ref_src=twsrc%5Etfw

Süddeutsche Zeitung
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/mutmasslicher-taeter-von-muenchen-was-ueber-den-schuetzen-bekannt-ist-1.3091964

Frankfurter Allgmeine
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/f-a-z-exklusiv-amoklaeufer-von-muenchen-war-rechtsextremist-14359855.html#GEPC;s2

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