Identitäre


Die Welt der Identitären. Wer sind sie, woher kommen sie, was wollen sie.

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ENTSTEHUNG

2003 sind die “Identitären” in Frankreich unter der Bezeichnung Bloc Identitaire  aus der  rechtsterroristischen französischen “Unité Radicale”  und dem rechtsextremen “Jeunesses Identitaires” hervorgegangen.  “Unité Radicale” wurde im Jahr 2002 verboten, nachdem einer ihrer Angehörigen einen Anschlag auf den damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac verübt hatte.  Das Logo war damals ein “Wildschwein” in Anspielung auf den Islam und Schweinefleisch.  Die Jugendorganisation  des “Bloc Identitaire” nannte sich “Generation Identitaire” und gilt diese Organisation als eigentliche Begründerin der “Identitären Bewegung”.

In Österreich traten die “Identitären” erstmals am 02. Oktober 2012 in Wien Floridsdorf auf. 10 maskierte Männer mit Schweine und Affenmasken versuchten Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Projektes der Caritas Wien mit “Tanz die Toleranz” einzuschüchtern.

 

 

ENTWICKLUNG

Am 20. Oktober 2012 besetzten 80-100 Personen das Dach einer im Bau befindlichen Moschee in Poitiers im Westen Frankreichs. Sie entrollten einen Banner mit der Jahreszahl 732 und dem Lambda-Symbol aus dem griechischen Alphabet. Der Name “Generation Identitaire” wurde so im großen Stil der Öffentlichkeit präsentiert.  Die Identitären berufen sich auf  König Leonidas, Karl Martell und Prinz Eugen.

In Österreich wurde diese Berufung in einer Proklamation in Wien anlässlich der Besetzung der Votivkirche und eines “heroischen 4stündigen Hungerstreiks” am 10. Februar 2013 durch die Mitglieder der Identitären  Patrick Lenart und ……. verkündet:

„Wir stehen in der Tradition von Leonidas, Karl Martell und Prinz Eugen. Wir sind die Verteidiger Europas. Die Multikulti können sich sicher sein, dass wir ihnen von nun an keine ruhige Stunde mehr lassen werden.“

 

 

GESCHICHTE

Die Identitären beziehen sich auf König Leonidas, Karl Martell und Prinz Eugen, um so ihre pseudowissenschaftliche These und Bestätigung ihrer Handlungsweisen zu autorisieren.

 

König Leonidas  (? -480)

Warum sich die Identitären auf König Leonidas und das Lambda-Zeichen beziehen, ist auf den Film “Graphic Novel “300” aus dem Jahr 2007 unter dem amerikanischen Regisseur Zack Snyder zurückzuführen. Dieser setzte die Schlacht zwischen Spartanern und Persern auf dem Thermopylenpass martialisch in Szene. 50.000 Perser unter König Xerxes standen nur einigen tausend griechischen Kriegern, darunter 300 spartanische Hopliten des Köngis Leonidas gegenüber. Die Hopliten hatten auf ihren Schildern das Lambda-Zeichen aufgepinselt. Die Schlacht endete mit einem Gemetzel und alle Hopliten fielen im “Heldentod”. Erst ein Jahr später konnten die Athener die Perser auf See schlagen.

 

Lambda

Lambda ist der elfte Buchstabe des griechischen Alphabets. Im antiken Sparta diente das Λ als Abkürzung für das Gebiet Lakedaimonien (Λακεδαιμόνιοι) unter König Leonidas, weshalb spartanische Hopliten-Kämpfer  als Erkennungszeichen diesen Buchstaben auf ihre Wappenschilder gepinselt hatten.

Heute weniger bekannt ist, das in Deutschland verbotene Abzeichen der SA (Sturmabteilung der Nationalsozialisten). Dieses wurde dem Lambda-Zeichen nachempfunden mit einem zusätzlich integriertem Blitz im Schenkelbereich.

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Dolchstoßlegende

Die Gründe, warum die Spartaner in einen Hinterhalt gerieten, liegen bis heute im Dunkeln. Dem Historiker Herodot zufolge wurde die griechische Abwehr nach einem Verrat umgangen. Die Hopliten ließen sich daraufhin sehenden Auges bis zum letzten Mann niedermetzeln. Die so schon früh angelegte Dolchstoßlegende, wurde von den “Identitären”  wieder aufgegriffen. Wenn nun Rechtsextreme Aufkleber verbreiten mit der Botschaft “Leonidas – Do it Again”, kann das nur von Unkenntnis, starkem Willen zur Niederlage oder Geschichtsklitterung zeugen.

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Aufkleber der „Identitären“ in Deutschland und Österreich

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Karl Martell  (688? – 741)

Im Jahre 711 drangen Mauren (Bewohner Nordafrikas) in das christliche Reich der Westgoten ein und brachten den größten Teil der iberischen Halbinsel (Spanien) in einem achtjährigen Feldzug unter islamische Herrschaft. Beim Versuch auch Gebiete nördlich der Pyrenäen zu erobern wurden die Mauren vom fränkischen Hausmeister Karl Martell in der Schlacht von Tours und Poitiers im Jahr 732 zurückgeschlagen. Allerdings agierten die Mauren vor allem in Südfrankreich noch mit bis ins 10. Jahrhundert.

Durch einen inneren Streit wurde der maurische Staat in einen Bürgerkrieg verwickelt. Das Land zerbrach und die christlichen Reiche konnten so ihre Macht allmählich wieder über die iberische Halbinsel ausdehnen. Am 02. Jänner 1492 wurde der letzte muslimische Führer von den Truppen des vereinigten christlichen Spaniens besiegt. Alle Muslime, aber auch spanische Juden (Sephardim) wurden vertrieben, wenn sie nicht zum Christentum konvertierten. Diese Rückeroberung ging als Begriff  Reconquista in die Geschichte ein und wird von den Identitären für ihre Zwecke mißbraucht. Folglich war der Ort eine logische Konsequenz, dass “Generation Identitaire” – als spätere “Identitäre Bewegung” dort eine in Bau befindliche Mosche besetzten und öffentlichkeitswirksam den Banner mit der Aufschrift  „732 – Generation Identitaire“ schwangen

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„Generation Identitaire“ auf dem Dach einer in Bau befindlichen Moschee in Poitieres und der Jahreszahl 732

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Prinz Eugen  (1663 – 1736)

Prinz Eugen gilt weithin als Sieger auf dem europäischen Kontinent über die Türken. Wien stand zweimal vor einer Türkenbelagerung. Die erste war 1529, die zweite  1683. Der erfolgreiche Sieg unter Prinz Eugen über die Osmanen wird von Rechtsextremen immer wieder als Basis für ihre antiislamische Handlungsweise herangezogen, so auch die „Identitären“ und der Jahreszahl 1683.

 

IDENTITÄT  DER IDENTITÄREN

Identitäre treten als Bewegung auf. Sie stellen die  “Identität des eigenen Volkes” in den Mittelpunkt. Sie sprechen von “WIR” und nicht vom Einzelnen. Auch die Freiheitlichen meinen mit Freiheit nicht die Freiheit des Individuums, sondern jene des deutschen Volkes, in einer Gemeinsamkeit des „Wir“. Der Einzelne hat sich dem „WIR“ unterzuordnen. Diese Ideologie widerspricht den europäischen Menschenrechten.

 

Im Sprachgebrauch der „Identitären“ muss das eigene Land (Europa) vor einer “Islamisierung” und Massenzuwanderung geschützt werden. Auf pseudointellektueller Grundlage wird daher versucht, das eigene rassistisch und nationalistisch geprägte Weltbild zu verschieben. Distanzierungen vom Neonazismus sind daher nur als taktisches Manöver zu werten.

In den Reihen der identitären Bewegungseliten befinden sich amtsbekannte Neonazis mit Kontakten in andere rechtsextremistische Szenebereiche. „Identitäre“ sind offen fremden- und asylfeindlich. Sie schließen teilweise an klassische rechtsextremistische Ideologieelemente an. Identitäre geben sich aus als  (1)

–    als besorgte Bürger

–    Patrioten

–    Verteidiger der europäischen Kultur

–    Kämpfer gegen die “Islamisierung des Abendlandes”

–    patriotische Beschützer

 

Identitäre versuchen rechtsextreme Einstellungsmuster salonfähig zu machen, indem sie klassische rechtextreme Szenestrukturen aufbrechen und sich als junge popkulturelle Avantagarde stilisieren. Historische belastete Begriffe werden von den Identitären  ersetzt: (1)

–      „Rasse“ wird zu Kulturen

–      „Ausländer raus“ wird definiert mit

Entwurzelung, Überfremdung, Aufforderung zur Remigration,  Überfremdung, Gefährdung der eigenen Kultur,  Zwangsassimilation, Islamisierung Europas,  “Der große Austausch”, Volkstod , “Der Volkstod kommt”

 

 

BEGRIFFE,  AUSDRÜCKE  UND  ARBEITSWEISE  DER  IDENTITÄREN

Ethnopluralismus

Das ist ein pseudowissenschaftlicher Begriff, erfunden von den Identitären und stellt das maßgebliche Ideologiefundament der Identitären dar.

“Es gibt grundsätzliche und unveränderliche Eigenschaften von Menschengruppen. Jede Gruppe ist umso besser und stärker, je ähnlicher sich ihre jeweiligen Angehörigen seien”, so die “Identitäre Bewegung”

 

Ethnie

Was eine Ethnie ist, wird von den Identiären selbst bestimmt. Was nicht in das ethnische Leitbild der Identitären passt oder entspricht wird

–           stigmatisiert

–           ausgegrenzt

–           abgewertet (ganze Bevölkerungsgruppen , 68er Generation)

 

Requonquista           

Requonquista heißt soviel wie Rückeroberung und bezieht sich im Sprachgebrauch der Identitären vor allem auf das Jahr 1492, wo durch christliche Truppen verschiedener europäischer Königreiche die iberische Halbinsel vom Islam bzw. von den Mauren zurückerobert werden konnte. Die Identitären rechtfertigen damit ihre Islamfeindlichkeit mit Hilfe der Geschichte

 

Spruch der Identitären

“Unser Erbe ist unser Land, unser Blut, unsere Identität

 

 

Vernetzung der Identitären

Die Identitären sind zentral vernetzt und organisiert. Von Netzwerkknotenpunkten wird die Bewegung gesteuert und koordiniert. In Österreich erfolgt die Steuerung aus Graz, Wien und nun zuletzt auch aus Steyregg bei Linz.

 

Propaganda

Eine wichtige Parole der Identitären ist Formulierung “Der große Austausch”. Sie meinen damit, dass Regierungen in Europa maßgeblich daran beteiligt sind, durch Masseneinwanderung und “Multikulti” die Bevölkerung Europas “austauschen” zu wollen. Mit diesem Austausch droht der “Volkstod” des angestammten Volkes und der Kultur. Unter den Nationalsozialisten hieß das damals “Rassenhygiene”.

 

Angstkonstruktionen

Islam und Asyl werden von den Identitären bewusst schlecht geredet und kriminalisert. Damit werden Schreckensszenarien herauf beschworen, um so  rechtskonservative Gesinnte – vor allem junge Männer – aus der gesellschaftlichen Mitte zu erreichen und zum Mitmachen zu bewegen.

 

Mobilisierung

Identitäre treten gerne als “bürgerlich-patriotische Massenbewegung“ auf. Ihre Mobilisierungserfolge halten sich jedoch in Grenzen und sind europaweit bescheiden. Dieser Mangel wird  ausgeglichen durch aufsehenerregende Aktionen, die auf eigenen Medienportalen dann als “Heldentaten” gefeiert werden

Identitäre kopieren nur klassische linke Aktionsformen

–      Hausbesetzungen

–      Straßentheater

–      Klebeaktionen

–      Kommunikationsguerilla

–      symbolische Verunstaltung von Denkmälern

–      Raum- und Störaktionen

–      Täter-Opfer-Umkehr

 

Überschneidungen  FPÖ – Burschenschafter – Neonazis

Viele Identitäre entspringen in Europa

–      rechtsextremistischen Milieus

–      rechtsextremen Parteien und Personenverbindungen

–      freien Kameradschaften

–      Neonaziszenen

–      lose vernetzten rechtsextremen Internetaktivisten

–      Burschenschaften

 

 

Ideologische und kommunikative Überschneidungen zwischen Identitären und FPÖ

“Der große Austausch”. Diese Verschwörungstheorie wurde wiederholt formuliert von Strache, Gudenus und anderen FPÖ-Funktionären. Das Schüren von Ressentiments gegenüber Muslimen und Asylsuchenden ist sowohl einer FPÖ als auch Identitären eigen. FPÖ und Identitäre lehnen Integration vehement ab.

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FPÖ-Funktionäre, die keine Berührungsängste mit den Identitären haben

Heinz Christian Strache (2019 aus allen Funktionen entordert)

Herbert Kickl  (ehemaliger Innenminister hielt die Eröffnungsrede der Identitären 2016 in Linz)

Michael Schnedlitz (GenSekrFPÖ) hielt eine Rede vor Identitären

Ulrich Püschel (war Gesellschafter von. “info-Direkt”,das Medium der Identitären in OÖ, nahm an identitären Demos teil)

Mario Eustacchio nahm an identitären Kundgebungen teil

Heinrich Sickl vermietet Räumlichkeiten an Identitäre

Gerhard Kurzmann demonstrierte mit Identitären

Rudi Federspiel nahm an Demonstrationen der Identitären teil

Wolfgang Zanger hielt eine Rede bei einer Kundgebung der Identitären

Reinhard Rebhandel hielt eine Rede vor den Identitären

Markus Hein wollte Redoutensäle für Identitäre in Linz anmieten (2018)

Roman Haider  nahm an Diskussionen der Identitären teil

Michael Raml nahm an Diskussionen der Identitären teil

Günther Kleinhanns nahm an Diskussionen der Identitären teil

Dominik Nepp tauschte mit den Identitären Gemeinsamkeiten aus

Wolfgang Grabmyer vermieteten an Identiäre Räumlichkeiten (Khevenhüller-Zentrum)

Wolfgang Kitzmüller vermieteten an Identiäre Räumlichkeiten (Khevenhüller-Zentrum)

Martin Graf verfasste für “info-Direkt” einen Beitrag

Elmar Podgorschek inserierte  in “info-Direkt”

Harald Vilimsky inserierte in “info-Direkt”

Detlef Wimmer inserierte in “info-Direkt”

Michael Schilchegger  war Anmelder in den Redoutensälen in Linz für „Kongress Verteidiger Europas“

 

 

Medien der Identitären

Hier sind vor allem für Oberösterreich die Publikation „info-Direkt“ unter Michael Scharfmüller zu nennen,  „report24.news“ mit starken Verbindungen nach Berlin und „Wochenblick“, als Sprachrohr der FPÖ und Unterstützer der Identitären  in Oberösterreich und der online-Sender von „Wochenblick“ namens „AUF1“  unter  Stefan Magnet.

Die Hauptzentrale der ideologischen Ideenschmiede der „Identitären Bewegung“ liegt in Deutschland in der Kleinstadt Schnellroada. Dort ist der Sitz des  Institut für Staatspolitik, das Sprachrohr der Identitären namens  Sezession, das zum Verlag Antaios gehört. Geführt wird diese Zentrale von Götz Kubitschek und Felix Menzel.

Einer der  engsten Mitarbeiter dieser Ideenschmiede kommt aus Österreich und heißt Martin Sellner.  Ein gern gesehener Gast ist auch Michael Scharfmüller, der als Sprachrohr mit seinem Medium „info-Direkt“, die Identitären – nunmehr mit Sitz in Steyregg – propagandamäßig massiv unterstützt. Michael Scharfmüller war bei der „Sommerakademie“ des „Institutes für Staatspolitik“ vom 18. auf den 19.September 2021  in Schnellroda geladener Gastredner.

Das „Institut für Staatspolitik“ (IfS), wurde seit kurzem vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und steht seither unter Beobachtung.

 

Viele weitere Medien unterstützen die Identitären, die hier nachgelesen werden können.  Verwiesen wird auch auf das wissenschaftlich gut aufgestellte Buch „Die Identitären – Handbuch der Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa“ von Bruns-Glösel-Strobl erschienen im Unrast-Verlag. Ausführliche Artikel können auch beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) online nachgelesen werden.

Die Identitären sind keine Neuentwicklung, sie sind viel mehr eine weitere Erscheinung im rechtsextremen Spektrum, gleichsam mit neuer Namensgebung. Hinter den Identitären stehen immer die schlagenden Burschenschaften, sowie die FPÖ in Österreich und die AfD in der Deutschland.

 

Verweise

(1)  Verfassungsschutzbericht 2016, ab Seite 43
https://www.bvt.gv.at/401/files/Verfassungsschutzbericht2016.pdf 

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#Identitäre #Steyregg 

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