Gottfried Küssel beim Ulrichsbergtreffen?


09. Oktober 2016
Übernahme von Autonome Antifa Kärnten(Koroska)

Ulrichsbergtreffen 2016

Freigang bis nach Krumpendorf/Kriva vrba?
Das SS-Veteranentreffen am kärntner Ulrichberg scheint trotz deutlich abgespecktem Programm und schwindend niedrigen Besucher_innenzahlen nicht an Bedeutung für den organisierten Neonazismus verloren zu haben. So hatte der AK gegen den kärntner Konsens, der mit jahrelanger antifaschistischer Kampagnenarbeit das Ulrichsbergtreffen 2009 zum Kippen brachte, bereits im Vorfeld erahnt, dass sich in diesem Jahr wieder ein Blick auf Zusammenkunft von Revisionist_innen, Rechtsextremen und Neonazis lohnen würde. (1) Vermutet wurde jedoch eher die Beteiligung identitärer Aktivist_innen, da insbesondere die Vermarktung der „Gedenkstätte“ am Ulrichsberg als „Europa-Friedens-Gedenkstätte“ und die damit verbundene Glorifizierung der (Waffen-)SS als Vorkämpferin für ein friedliches Europa der Vaterländer, vielfältige ideologische Anknüpfungsmöglichkeiten für die Identitären bieten würde. (2) Doch, wie mensch es von österreichischen Verhältnissen gewohnt ist, kommt es meistens noch schlimmer als befürchtet.

Von NDP-Mitarbeitern, HoGeSa-Rednern bis zu Neonazi-Kadern
Bereits die „einfachen“ Gäste sagen so einiges über den rechtsextremen bis neonazistischen Charakter der Zusammenkunft aus. So nahmen in den letzten Jahren beispielsweise die beiden fleißigen Ulrichsbergfahrer Riccardo Sturm und Nils Larisch am Ulrichsbergwochenende und seinen verschiedenen Veranstaltungen teil. Nils Larisch ist nicht nur Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion in Sachsen (3) und betrieb zusammen mit dem „Blood&Honour“-Aktivisten Henrik Ostendorf eine Rudolf Heß-Kampagnenseite (4). Vor einiger Zeit hat er auch einen Onlineversand für Neonazi-Kleidung auf den Markt gebracht (5) und war außerdem kurz nach seinem Besuch 2014 am Ulrichsberg auf einer HoGeSa-Veranstaltung in Hannover als Redner vertreten (6). Aber auch Riccardo Sturm scheint in neonazistischen Kreisen kein Unbekannter zu sein. Im Gegenteil ist er in der deutschen Neonazi-Szene (NPD, JN, „Freien Kräften“) fest verankert und erst kürzlich beim LEGIDA-Aufmarsch zu Adolf Hitlers-Geburtstag aufmarschiert (7). Es wird also deutlich, dass abgesehen von der Größe in letzten Jahren alles beim Alten geblieben ist und sich an der ideologischen Ausrichtung nichts geändert hat.

Küssel in Krumpendorf/Kriva vrba?
Nachdem die „Erlebnisgeneration“ inzwischen weitgehend das Zeitliche gesegnet dürfte, musste die Neonaziszene in diesem Jahr offensichtlich mit anderer Prominenz aufwarten. Mehreren Augenzeug_innen zufolge nahm nämlich Gottfried Küssel, der wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung aktuell eigentlich im Gefängnis sitzt, beim traditionellen „Krumpendorftreffen“ am Vorabend des eigentlichen Ulrichsbergtreffens teil. Dieses von der Kameradschaft IV der (Waffen-)SS ausgerichtete „Kameradschaftstreffen“ fand am Abend des 8. Oktobers im Hotel Rosenheim in Krumpendorf/Kriva vrba unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und konnte auch in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit Größen des deutschsprachigen Rechtsextremismus und Neonazismus aufwarten.

„Freigänge ohne irgendwelche Auffälligkeiten“ ?!
Der mögliche Besuch des „Kameradschaftstreffen“ in Krumpendorf/Kriva vrba wäre zumindest nicht der erste Skandal, den ein Freigang des Holocaustleugners und Neonazi-Führers hervorrief. Im Juni diesen Jahres war Gottfried Küssel bereits mit rechten Kameraden bei einem Public Viewing eines EM-Fußballspiels der deutschen Nationalmannschaft im Uni-Campus (Altes AKH) in Wien gesichtet worden. (8) In der diesbezüglichen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch den ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter (9) hieß es dennoch, dass Haftausgänge bisher „ohne irgendwelche Auffälligkeiten oder Probleme“ abgelaufen seien. Küssel habe sich, wie alle anderen auch an Freigangsbestimmungen zu halten, die vor allem den Konsum von Alkohol, Drogen, Mohnflesserl und Medikamenten untersagen. Dass eine Zusammenkunft mit einem Bekannten von Identitären-Chef Martin Sellner im Juni nicht als Auffälligkeit eingestuft wird, mag weniger aus dem österreichischen Verhältnissen entsprechenden politischen und gesellschaftlichen Umgang mit Neonazis, als aus juristischer Perspektive wundern. Immerhin erklärt der Rechtsstaat und seine Strafvollzugsbehörden (in §20 StVG. Abs 1), dass der Strafvollzug eben den Sinn habe, dem Bestraften den „Unwert der bestraften Tat“ – im Fall von Küssel mehreren Verstößen gegen das Verbotsgesetz – aufzuzeigen. Die Teilnahme an rechtsextremen und neonazistischen Zusammenkünften steht doch in einem massiven Widerspruch dazu. Der Krumpendorf-Abend der K IV ist zwar aus staatlicher Sicht eine an sich erlaubte Privatveranstaltung, aus Sicht des Verfassungsschutzes nichtsdestotrotz eine Versammlung mit eindeutiger Ausrichtung und Besucher_innenschaft. Grundsätzlich wird Freigang (verwaltungsdeutsch heißt das „mit Freiheit verbundenen Vollzugslockerung“) Personen außerdem gewährt, die als „nicht gefährlich“ eingestuft werden, was man seitens der Justiz im Falle von Küssel ebenfalls hinterfragen könnte, da sich diese Gefahr nicht notwendigerweise gegen Menschen richten muss sondern auch auf die „Sicherheit des Staates“ bezogen ist. Sollte er wirklich am „Kameradschaftstreffen“ teilgenommen haben, wäre dies nicht nur ein Indiz für Küssels (ebenfalls wenig verwunderliche) Unverbesserlichkeit, sondern vor allem auch ein Indikator für die andauernde Bedeutung des 2011 verhafteten und 2013 als Betreiber der neonazistischen Internetplattform alpen-donau.info verurteilten Neonazis. Küssel hat übrigens auch einen Antrag auf frühzeitige Haftentlassung gestellt, der jedoch (bislang) nicht bewilligt wurde und so muss er nach aktuellem Stand der Dinge noch bis Anfang 2019 in Freigang beantragen um an neonazistischen Events teilnehmen zu können.

Abschließende Frage bleibt, ob Küssel auch bei der eigentlichen Ulrichsbergfeier (heuer wiedermal beim Herzogstuhl) und der anschließenden Kranzniederlegung am Ulrichsberg war. Das wird der Öffentlichkeit sicherlich in Kürze der kärntner Verfassungsschutz oder die teilnehmende Presse berichten. Wir sind gespannt.

Verweise: (1) Vgl. Berichte aus den Jahren 2014 und 2015.
(2) Siehe unser „Vorbericht über das Ulrichsbergtreffen 2016 (Infostand: 6.10.2016)“ weiter unten.
(3) Blick nach rechts: Heß-Verherrlichung, 17.09.2009, unter: Link BNR, sowie Blick nach rechts: Siegessichere Truppe, 14.03.2011, unter: Link BNR , sowie zuletzt Blick nach rechts: Rechtsrock auf Privatgelände, 06.11.2014, unter: Link BNR.
(4) Blick nach rechts: Heß-Verherrlichung, 17.09.2009, unter: Link BNR
(5) (Entstellter Link, soll ja keine Werbung sein…) hxxp://www.hermannsland-versand.com/shop_content.php?coID=4
(6) Blick nach rechts: Weibliche Hetze, 18.11.2014, unter: Link BNR
(7) Siehe Link linksunten.indymedia.org 1 und Linklinksunten.indymedia.org 2.
(8) Bericht auf derstandard.at: Neonazi Küssel auf Ausgang: Fußballschauen unter Rechtsextremen
(9) Anfragebeantwortung (Link) zur Anfrage (Link).

http://www.u-berg.at/2016/index.htm

Quelle:
https://www.facebook.com/autonomeAntifaKoroska/posts/1527867887239941

Grätzel 01


 

09.Oktober 2016
Artikel von Radikale Linke Koroska

Das war das diesjährige Ulrichsbergtreffen am Herzogstuhl.

Ehemalige SS – Soldaten, Burschenschafter, Mitglieder der Kärntner Abwehrkämpfer Bunds, Neo – Nazis aus Baden – Württemberg, Familien mit Kindern und anderen Gästen aus der Schweiz, Österreich, Deutschland, Slowenien und Italien hielten inne um den „Heimkehrern“ der Waffen – SS zu gedenken. Es ist gut, dass dieser Haufen immer kleiner wird, denn eines können nicht einmal die größten Kämpfer für das „Deutsche Reich“ aufhalten: Das Altern und Dahinscheiden.
Trotzdem ist dieses Treffen eine Absurdität sondergleichen. So absurd, dass sich Neo – Nazis den langen Weg aus Deutschland antun um vielleicht ein letztes Mal bei ihren großen Helden zu sein. An und für sich ist das Treffen in weniger als zwei Stunden erledigt, gäbe es da nicht noch den wundervollen „Heimatabend“ im Hotel Rosenheim in Krumpendorf, einen Tag vor dem Ulrichsbergtreffen. Da trifft sch dann die Nazi Elite gemeinsam mit ihren Idolen und Fans. Wie toll.
Ein klares Statement der Kärntner Politik gab es noch nicht. Trotzdem konnten antifaschistische Proteste in den vielen Jahren zuvor bewirken, dass sie das Bundesheer von diesen Feiern distanzierte. Es bleibt also weiterhin spannend zu beobachten wie sich diese Gedenkfeiern in den nächsten Jahren entwickeln werden. Wünschenswert wäre, dass es bald gar nicht mehr stattfinden wird.

Quelle:
https://www.facebook.com/autonomeAntifaKoroska/posts/1527867887239941


 

11. Oktober 2016
Nachtrag

Kein Küssel bei den Kärntner Kameraden

Wie der „Kurier“ (11.10.2016) berichtet, dürfte nicht Küssel, sondern eine Person, die ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, am Samstag, 8.10.2016, am Kameradschaftstreffen der Ulrichsberggemeinschaft bzw. des SS-Soldatenverbandes Kameradschaft IV in Krumpendorf teilgenommen haben. Küssel befand sich am Samstag noch in der Justizanstalt und hat erst am Sonntag Freigang erhalten. Bei seinem Doppelgänger handelt es sich laut Verfassungsschutz um einen Steirer.


#Gottfried Küssel, #Ulrichsbergtreffen

 

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