Türken protestieren gegen Armenien-Mahnmal

Sonntag 17. April 2016

ORF Tirol

In Innsbruck haben Sonntagnachmittag 1.800 Türken gegen die Enthüllung eines armenischen Mahnmals protestiert. Die Kundgebung verlief ruhig, zahlreiche Sicherheitskräfte begleiteten den Demonstrationszug.

1.800 türkische Demonstranten marschierten Sonntagnachmittag lautstark und mit hunderten türkischen und auch einigen österreichischen Fahnen durch die Innsbrucker Innenstadt.

Mahnmal weist auf Völkermord an Armeniern hin

Der Grund für die Aufregung steht einige Straßen weiter im Innsbrucker Stadtteil Mariahilf. Dort soll nächste Woche ein Mahnmal enthüllt werden und auf den Völkermord an Armeniern im Jahr 1915 hinweisen. Bis zu 300.000 Menschen sollen damals ums Leben gekommen sein.

Armenier fordern seit Jahrzehnten die Anerkennung dieses Völkermordes durch die Türkei, die offizielle türkische Geschichtsschreibung bestreitet diesen allerdings.

Friedlicher Protest

Und deshalb rechnete die Exekutive durchaus mit Zwischenfällen, erklärte Othmar Sprenger, der behördliche Einsatzleiter gegenüber ORF Tirol. Daher sei das Personal entsprechend aufgestockt worden. 150 Polizisten sicherten schlussendlich die Kundgebung, auch aus Vorarlberg rückte Personal an. Der Demonstrationszug bewegte sich durch die Innenstadt, legte vor dem Rathaus aus Protest einen Kranz nieder und endete schlussendlich am Landhausplatz.

Es habe während des Einsatzes keine Probleme gegeben. Die Veranstalter hätten die Kundgebung zudem mit Ordner gut abgesichert, sagte Othmar Sprenger.

Armenischer Genozid-Gedenktag

Der heutige 24. April bildet den größten Trauertag im armenischen Jahr und einen offiziellen Feiertag in Armenien. An diesem Tag erlaubt die Armenisch-Apostolische Kirche keine Taufen und Eheschließungen. Weltweit halten armenische Gemeinden Totenmessen und Gedenkveranstaltungen ab. Hintergrund: Mit Massenfestnahmen in der Nacht zum 24. April 1915 (alten bzw. julianischen Kalenders) setzte in der osmanischen Hauptstadt Konstantinopel die Ausschaltung und Vernichtung der intellektuellen und politischen Elite der Armenier ein. Es war der Auftakt für Massaker und Todesmärsche, die im Wesentlichen in den Jahren 1915 und 1916 stattfanden und, je nach Schätzung, zwischen 300.000 und mehr als 1,5 Millionen Menschenleben forderten.

In der Türkei steht die Benennung des Genozids auch heute noch unter Strafe, und den türkischen Kindern wird von klein auf mittels Schulbüchern das verfälschte Geschichtsbild beigebracht.

Auch in Deutschland versucht die Türkei mittels ihrer imperialistischen und nationalistischen Organisationen wie der „Türkischen Gemeinde Deutschland“ oder der „Ditib“ ihr verfälschtes Geschichtsbild durchzusetzen. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, versuchte 2009 die Thematisierung des Völkermords in den brandenburgischen Lehrbüchern zu verhindern. Letztes Jahr marschierten unter der Regie des SPD-Mitgliedes Bekir Yilmaz (Präsident der türkischen Gemeinde in Berlin) tausende türkische Genozid-Leugner in Berlin auf, ohne dass dies großartig von der deutschen Presse thematisiert worden wäre.

Informationen zum Genozid an den Armeniern im osmanischen Reich gibt es z.B. bei der Arbeitsgruppe Anerkennung – Gegen Genozid, für Völkerverständigung e.V.

Video: Demo türkischer Nationalisten in Wien 2015 gegen die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern

 

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Donnerstag 23. April 2015

Tiroler Tageszeitung

Botschafter zurückberufen: Armenien-Erklärung empört Türkei

Die türkische Regierung protestiert gegen die Verwendung des Begriffes „Völkermord“ in einer Erklärung des österreichischen Nationalrats. Der Botschafter wurde aus Wien zurückberufen.

Ankara, Wien – Die türkische Regierung hat am Mittwoch gegen die Erklärung des Österreichischen Nationalrats zum Völkermord an den Armeniern 1915 protestiert. Diese habe für „Empörung“ gesorgt und werde die Beziehungen zwischen beiden Ländern „dauerhaft beschädigen“, hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums in Ankara. Der türkische Botschafter wurde aus Wien zurückberufen.

„Voreingenommene Haltung“

„Wir lehnen diese voreingenommene Haltung des österreichischen Parlaments ab“, hieß es weiter. So ein Versuch, „anderen einen Vortrag zu halten“, habe „in der heutigen Welt keinen Platz.“ Es sei klar, „dass diese Erklärung permanente negative Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Türkei und Österreich haben wird“. Das Ministerium bestätigte, dass Botschafter Mehmet Hasan Gögüs aus Wien zu Konsultationen nach Ankara zurückgerufen worden sei.

Bereits zuvor hatten mehrere türkische Verbände in Österreich gegen die Erklärung des Nationalrats protestiert. Nach Darstellung der Armenier starben 1915 bis zu 1,5 Millionen Armenier im Zuge einer gezielten Vernichtungskampagne der Regierung des Osmanischen Reiches. Die Türkei bestreitet dagegen, dass es sich um einen Völkermord handelte und spricht von einigen hunderttausend Toten infolge von Kämpfen und Hungersnöten während des Krieges. Das Europaparlament bezeichnet die Ereignisse schon seit 1987 offiziell als Völkermord. Die EU-Kommission vermeidet dagegen den Begriff Völkermord.

n dem Text der Klubobleute Andreas Schieder (SPÖ), Reinhold Lopatka (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Eva Glawischnig (Grüne), Waltraud Dietrich (Team Stronach) und Matthias Strolz (Neos) heißt es: „Aufgrund der historischen Verantwortung – die österreich-ungarische Monarchie war im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet – ist es unsere Pflicht, die schrecklichen Geschehnisse als Genozid anzuerkennen und zu verurteilen.“ Und weiter: „ Ebenso ist es die Pflicht der Türkei, sich der ehrlichen Aufarbeitung dunkler und schmerzhafter Kapitel ihrer Vergangenheit zu stellen und die im Osmanischen Reich begangenen Verbrechen an den Armeniern als Genozid anzuerkennen.“

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) fordert, die Erklärung des Parlaments zu respektieren. „Die Erklärung des österreichischen Parlaments ist zu respektieren“, betonte Kurz am Donnerstag in einem Statement gegenüber der APA. „Jetzt gilt es in die Zukunft zu schauen und an einer Aussöhnung zwischen Türken und Armeniern zu arbeiten.“

Armenischer Präsident zu Aussöhnung bereit

Der armenische Präsident erklärte sich am Mittwoch zur Aussöhnung mit der Türkei bereit. Das Ziel sollten „normale Beziehungen“ sein, sagte Serzh Sarksyan am Mittwoch vor ausländischen Journalisten. Der Friedensprozess solle „ohne Vorbedingungen“ wieder aufgenommen werden. Armenien würde nicht darauf bestehen, dass die Türkei akzeptiere, sie habe damals einen Völkermord begangen. Zuvor hatte er vor der Gefahr neuer Völkermorde gewarnt. „Eine der größten Herausforderungen für die Menschheit sind wachsender Extremismus und Intoleranz im Nahen Osten“, sagte Sarksyan bei einem internationalen Forum am Mittwoch in der Hauptstadt Eriwan.

Am Freitag wird in Armenien offiziell der Opfer der Massenmorde gedacht. Die Türkei räumt ein, dass osmanische Truppen bei Massakern und Deportationen 1915 und 1916 armenische Christen töteten. 2009 hatten Armenien und die Türkei bereits einen Anlauf zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen genommen. Er blieb jedoch in den Parlamenten beider Länder stecken. (APA/Reuters/AFP/dpa)

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Die Stellungnahme Ankaras im Wortlaut

Pressemitteilung in Bezug auf die gemeinsame Erklärung des österreichischen Parlaments über die Ereignisse des Jahres 1915

Die heute veröffentlichte Erklärung über die Ereignisse von 1915, unterzeichnet von den Klubchefs der politischen Parteien im österreichischen Parlament, ist Anlass zu großer Verbitterung unsererseits. Das österreichische Parlament hat weder das Recht noch die Kompetenz, die türkische Nation eines Verbrechens in einer Weise zu beschuldigen, die im Gegensatz zu den Gesetzen und der historischen Wahrheit steht. Es soll zur Kenntnis genommen werden, dass die Türkei und die türkische Nation nicht vergessen werden, wie ihre Geschichte mit dieser Stellungnahme verleumdet wird.

Es scheint, dass Österreich, mit dem wir auf der gleichen Seite im Ersten Weltkrieg gekämpft haben, und das in der besten Lage sein sollte, zu erkennen, dass diese große Tragödie nicht als ‚Völkermord‘ definiert werden kann, sich den Bemühungen gewisser Kreise gebeugt hat, die erpicht sind, die Wahrnehmung zu manipulieren, in völliger Missachtung von humanitären und konkreten Initiativen der Türkei.

Die Tatsache, dass es die gemeinsame Erklärung nicht einmal für nötig erachtet, die Muslime zu erwähnen, die ihr Leben während des ganzen gleichen Zeitraums verloren, während sie die Leiden mit allen christlichen Gruppen teilten, ist ein trauriger und klarer Hinweis auf Diskriminierung aus religiösen Gründen durch Menschen, die behaupten, ihre Taten auf humanitärer Basis zu setzen. Es muss nicht gesagt werden, dass eine solche Diskriminierung bei der Lösung von Problemen nicht sehr hilfreich ist. Wir lehnen daher so eine voreingenommene Haltung des österreichischen Parlaments und seinen schlecht formulierten und in der Tat veralteten Ansatz ab, Dritten ungebetenen Geschichtsunterricht erteilen zu wollen.

Die Ereignisse des Ersten Weltkrieges durch verdrehte Linsen zu betrachten, selektive und – noch schlimmer – diskriminierende Meinungen und so schwere Anschuldigungen wie jene des Völkermords auf die leichte Schulter zu nehmen, ist nichts weniger als ein Massaker des Rechts. Daher wird dieses empörende Verhalten rigoros von der Türkei abgelehnt. Es wird nicht möglich sein, der Türkei die Last eines so großen Verbrechens, das sie nicht begangen hat, durch politischen Druck jedweder Art auf die Schulter zu legen.

Es ist offensichtlich, dass die Erklärung des österreichischen Parlaments bleibende Flecken auf der türkisch-österreichischen Freundschaft hinterlassen wird. Unsere Ansichten zu diesem Thema wurden heute dem Botschafter der Republik Österreich in Ankara zur Kenntnis gebracht, und der türkische Botschafter in Wien, Herr Hasan Gögüs, wurde zu Konsultationen in die Türkei zurückberufen.

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