Propaganda damals und heute


Propaganda, wie Sichtweisen geformt und Erkenntnisse manipuliert werden mit dem Zweck, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Ein Gastkommentar von Richard Lederer
28.Dezember 2016

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In Stalins staatskapitalistischer Diktatur war die Gehirnwäsche noch offensichtlich. Man wusste einfach von wem man manipuliert wird und dass man manipuliert wird. Der Staat war für alles verantwortlich, also kam die Propaganda (von lateinisch propagare : weiter ausbreiten, ausbreiten, verbreiten) auch vom Staat und jeder/jede wusste das auch. Die Botschaften der Hirnwäsche waren offensichtlich und entsprachen den klaren Positionen der Partei. Auch in Spielfilmen im Staatsfernsehen, in denen die Partei verherrlicht wurde, erkannte man schnell was die Absicht dahinterher war.

In der „freien Marktwirtschaft“ hingegen läuft Manipulation wesentlich raffinierter ab. Sie wird nicht als solche gekennzeichnet und nicht als solche wahrgenommen und sie kommt auch nicht direkt von politischen Parteien, sondern von der Wirtschaft. Sie behauptet nicht ein spezielles politisches Programm, sondern bloß ein „Lebensgefühl“ vermitteln und ein Produkt verkaufen zu wollen. Es ist nicht mehr so, dass plumpe Botschaften wie „die Partei hat immer recht“ propagiert werden; stattdessen wird den Leuten vermittelt, wie geil es doch sei Egoist und geizig zu sein (z.B. wie bei Werbeslogans wie „für gesunde Egoisten“ „Geiz ist geil“ etc.).

Die Wirkung dieser massiven Propaganda-Kampagnen wird dann auch nicht auf die Propaganda zurückgeführt, sondern als „Natur des Menschen“ verkauft. Während man davor Unsummen dafür ausgegeben hat Millionen Menschen so zu manipulieren, dass sie genau das denken und wollen was die Propaganda beabsichtigt hat, tut man nacher so, als wären sämtliche Gefühle und Entscheidungen der Massen ein reines Produkt der „menschlichen Natur“.

Und auch wenn Propaganda nicht in Form von Marketing präsentiert wird, sondern in noch versteckterer Form in Spielfilmen, hat diese Propaganda dennoch ihre Wirkung: Ich erinnere mich noch an meine Schulzeit in den 80ern als wir Hollywood Filme wie „A Chorus Line“ (und andere Filme der Art) im Kino anschauen mussten, wo der gegenseitige Konkurrenzkampf (also in dem Film die Selektion des besten Tänzers auf der Bühne), als höchstes persönliches Ziel verkauft wurde und in keiner weise als politischer Film gekennzeichnet wurde. Es wurde indirekt versucht die reaktionäre Ideologie des Neoliberalismus als ein neues Lebensgefühl zu präsentieren. Spielfilme welche statt Solidarität und kollektive Zusammenarbeit, den persönlichen Vorteil gegenüber anderen als tollen moralischen Wert verkauft haben, wurden als Lebensgefühl, nicht aber als politische Ideologie verkauft.

Immer mehr Zeitungen begannen sich als „unabhängig“ zu bezeichnen (weil sie nicht mehr unter der Kontrolle einer Partei standen, dafür aber immer abhängiger von der Wirtschaft wurden). Öffentliches Eigentum wurde zunehmend privatisiert und das als Befreiung präsentiert. Statt politischer Plakate konnte man immer öfter Plakate im Auftrag von Großkonzernen sehen. Es wurde das Bild vermittelt, dass die Leute jetzt frei, unabhängig und individualistisch wären, während sie gleichzeitig einer Gehirnwäsche unterzogen wurden und werden, wie es sie vorher nie in dieser Stetigkeit und Allgegenwärtigkeit gab.

Zur Person: Richard Lederer (45) ist freischaffender Musiker und Programmierer. Seit 2009 engagiert er sich für soziale Gerechtigkeit gegen Rassismus und Faschismus und ist Mitglied der „Neuen Linkswende“.


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