Rückblick: Neue Rechte Salzburg

Gestern (16. Juni 2016) fand in den Räumlichkeiten der „academy Café-Bar“ in Salzburg Franz-Josef-Straße 4 ein Vortrag samt Disskussion zum Thema „Die Neue Rechte“ statt. Diskussionspartner waren der Rechtsextremismusexperte und Nationalratsabgeordente Karl Öllinger (Grüne) und Uwe Sailer, Datenforensiker und Kenner der rechtsextremen Szene, dem der Titel“Angstgegner der FPÖ“ verliehen worden ist. Durch den Abend führte Stefanie Ruep.
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Der Vortrag begann etwas verspätet. Wegen der FPÖ war Karl Öllinger im Nationalrat kurzfristig unabkömmlich.

Uwe Sailer referierte über „Graue Wölfe“, die türkische europaweite rechtsextreme Organisation, erklärte deren Entstehungsgeschichte und verwies immer wieder auf Schnittstellen zwischen den Nationalsozialisten unter Hitler-Deutschland und der damaligen „Jungtürken“- Regierung. Auch die heutige Neonaziszene ist angetan von der Terrororganisation „Graue Wölfe“. So meinte der verstorbene Vorsitzende der NDP und spätere Gründer der „Aktionsgemeinschaft Nationaler Sozialisten“, Michael Kühnen, der vor allem wegen seines „Kühnengrußes“ negative Berühmtheit erlangt hatte:

„Über 100 Jahre Deutsch-Türkische Freundschaft: Deutscher sei stolz, Deutscher zu sein! Türke sei stolz, Türke zu sein! Gemeinsam gegen Rassenmischung und Mulitikultur!“

Ähnlich wie heutige Rechtsextreme und Neonazis agieren auch die „Grauen Wölfe“. Als Vorfeldorganisation der Parteien MHP (Milliyetci Hareket Partisi) und BBP (Büyük Birlik Partisi), eine Abspaltung der MHP mit extremistischerer Hinwendung zum Islam, ist das Ziel die Eroberung des Parlaments, des Staates und der Straße. Diese Entwicklung erkennen wir auch an der FPÖ, die Eroberung der Straßen versucht sie gerade über die „Identitäre Bewegung“. Beide Strömungen reden von Blutsbrüderschaft, die einen von türkischer, die anderen von deutscher. Die türkische Bewegung nennt sich Ülkücü-Bewegung – die „Idealisten“ – die anderen die „Identitäre“.

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Sie fühlen sich als Autochtone, setzte Karl Öllinger mit den Identitären fort und hatte die Lacher auf seiner Seite. Obwohl es nicht einmal im hintersten Kärntner Tal Autochtone gebe, glauben die Identitären und die FPÖ fest daran. Ihr Ziel ist der Ethnopluralismus, ein Wortkonstrukt, dass diese in ihrer Gesamtheit nicht zu Ende erklären können. Die Identitären sind die Provokation auf der Straße, besetzen Dächer, spielen Tote vor Parteizentralen, stören Kulturveranstaltungen und Uni-Vorlesungen.

Die Identären entwickelten sich als Abspaltung des „Front National“ und „Unite Radicale“ und breiteten sich über Deutschland auch nach Österreich aus. Martin Sellner, das Oberhaupt der Identitären in Wien und Österreich, oder der philosophische Denker Markus Willinger aber auch der Salzburger Edwin Hintsteiner waren viele Jahre fest verankert in der österreichischen Neonaziszene. Gleichsam einer göttlichen Eingabe wollen sie sich plötzlich vom Saulus zum Paulus gewandelt haben und nunmehr nur dem Schutz der autochtonen österreichischen Bevölkerung dienen.

Aus dem Publikum wurden viele Fragen gestellt. Unter anderem, warum die Identitären nicht verboten werden, wie der Verfassungsschutz reagiere und wie man generell gegen Rechtsextremismus und „Graue Wölfe“ erfolgreich vorgehen könne. Der Versuch einer konkreteren Erörterung, zur Frage warum sich die Politik so stillschweigend zum Rechtsextremismus verhalte, meinte der Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger, dass der Vorwurf grundsätzlich alle Parteien treffe, aber auch die Medien. Die Grünen wehren sich schon immer gegen diese politische Strömung, das beweist der Rechtsextremismusbericht, der heuer erstmals wieder erschienen ist. Das abschließende Resümee wurde kurz auf einen gemeinsamen Nenner gebracht: Wir müssen uns noch enger vernetzen, intensiver kommunizieren, um den Rechtsextremismus auch weiterhin erfolgreich bekämpfen zu können.

Alles in allem, es war eine gelungene Veranstaltung, eine Veranstaltung, die die Zuhörer, die bis auf die Straße hinaus standen, wirklich interessierte. So voll haben Kenner der Szene, wie sie verrieten, den Saal der academy Cafe-Bar schon lange nicht mehr gesehen. Einige meinten, dass derartige Diskussionen viel öfter geführt werden müssten.

Nachzuhören werden Vortrag und Diskussion demnächst im Internet sein. Die URL wird, sobald der Beitrag online ist, nachgereicht.

Ein Interview mit Uwe Sailer, „Magazin um 5“  https://cba.fro.at/318806

link: http://www.dahamist.at/index.php/2016/06/16/die-neue-rechte/

link: Das Magazin um 5 Sendung vom 23. Juni 2016  https://cba.fro.at/318808

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